Obwohl ich mich in diesem Blog ausdrücklich mit den unbekannten Wintersportorten beschäftigen möchte, ist der Name Pfänder wahrscheinlich jeden Wintersportler aus dem süddeutschen Raum ein Begriff. Die meisten verbinden mit diesem Namen wohl eher negative Assoziationen. Auf dem Weg in die großen vorarlberger oder tiroler Skigebiete, haben schon viele Wintersportler kostbare Urlaubszeit unter oder vor diesem Berg verbracht, der dem Tunnel seinen Namen verleiht.
Tag für Tag durchfahren bis zu 40.000 Fahrzeuge den Pfändertunnel. Auch wenn die ganz großen Staus, seit der Eröffnung der zweiten Röhre im Jahre 2012 der Vergangenheit angehören, hat der Pfändertunnel zumindest in den Köpfen der Touristen nichts an Schrecken verloren.
Den wenigsten Fahrzeuglenkern dürfte bei der Durchfahrt bewusst sein, dass sich bei winterlichen Verhältnissen über ihren Köpfen ganz andere Szenen abspielen. Während sich unten die Autos der Touristen und der Pendler durch den Tunnel schieben, genießen andere, zu diesem Zeitpunkt vermutlich glücklichere Menschen, auf den Pisten am Pfänder die grandiose Aussicht auf den Bodensee und den Bregenzer Wald.
Zugestanden sei, dass der Pfänder im Sommer, als Wander- und Aussichtsberg, vielleicht doch einen gewissen Bekanntheitsgrad besitzt. Als Wintersportberg haben ihn dennoch nur wenige auf der Rechnung.
Zu Unrecht wie ich meine. Die winterlichen Qualitäten des Berges lernte ich selbst aber auch erst aus reiner Verlegenheit kennen. Mein Besuch am Pfänder fiel in die Zeit, als ich in Konstanz am anderen Ende des Bodensees studierte. Wie so oft schlief ich etwas länger, ehe ich, nach einem Blick aus dem Fenster auf die verschneiten Straßen, spontan beschloss, den Tag doch noch sinnvoll zu nutzen. Für die großen Skigebiete im Allgäu oder Graubünden war es schon zu spät. Ich hätte mindestens zwei Stunden gebraucht um dort anzukommen. Also waren Alternativen gefragt.
Ich erinnerte mich an einen alten zerfledderten Skiatas aus den Siebzigern, den ich auf dem Dachboden meiner Eltern gefunden habe. Dort waren auf einer Übersichtskarte des Bregenzerwaldes auch einige Lifte auf dem Pfänder verzeichnet. Das müsste ich in einer vertretbaren Zeit schaffen. Also prüfte ich auf der Website des Pfänders, ob die Lifte überhaupt noch stehen und in Betrieb sind. Meine Erkenntnis: Viel schien sich seit dem nicht verändert zu haben. Also war die Sache klar.
Der Pfänder sollte seine Chance bekommen. Der Routenplaner spuckte mir eine Fahrzeit von 45 Minuten aus.
Sodann sattelte ich meinen italienischen Sportwagen (der heute übrigens immer noch zuverlässig seine Dienste verrichtet) und setzte mich in Bewegung.
Ich habe es tatsächlich in der versprochenen Dreiviertelstunde geschafft und stand nun gegen 10 Uhr an der Talstation, gespannt, was mich erwarten würde.
Von der Festspielstadt Bregenz aus, überwindet die Kabinenbahn gute 600 Höhenmeter zum Gipfel des 1064 Meter hohen Pfänders. Wenn man dann wie ich mit Wintersportgerät an der Talstation steht, muss man gegebenenfalls damit rechnen, einige Blicke auf sich zu ziehen. Denn auch bei guter Schneelage tragen die meisten Gäste eher Wander-, als Skischuhe. So muss man sich als Skifahrer aber von Wartezeiten oder einer vollen Kabine denn auch nicht beunruhigen lassen. Die Pisten sind in der Regel alles andere als überlaufen. Das schlimmste was einem passieren kann, ist, das nächste Fotomotiv einer asiatischen Touristengruppe zu werden.
Während man auf die nächste Kabine wartet, kommt man nicht umhin, mit der langen Geschichte dieser Seilbahn konfrontiert zu werden. Neben den historischen Fotos und Plakaten, legt schon die Talstation selbst Zeugnis davon ab. Die Bahn wurde schon 1927 als eine der ersten Seilbahnen Österreichs errichtet und zuletzt 1994 auf den neuesten technischen Stand gebracht.
Wenn dann die Kabine in die Talstation einfährt und man zu den glücklichen 80 Personen zählt, die nun auf den Berg befördert werden, empfiehlt es sich, einen Platz an der talseitigen Scheibe zu suchen. Dort wird man sicherlich mit dem besten Ausblick belohnt. Als ich während der Bergfahrt so auf Bregenz und den Bodensee herabblickte, wähnte ich mich beinahe schon an einem norwegischen Fjord. Nun war ich leider noch nie an einem norwegischen Fjord und Kenner mögen einwenden, dass die Uferlinie der Originale wohl etwas schroffer und beeindruckender sind; ich bildete mir aber trotzdem ein, irgendwo nördlich des 59° Breitengrades zu verweilen.
Wer nicht das Glück hat, dieses Panorama schon bei der Auffahrt genießen zu können, weil er möglicherweise nur noch einen Platz am anderen Ende der Kabine ergattern konnte, der könnte aber möglicherweise dennoch auf seine Kosten kommen. Nämlich dann, wenn er sich für Architektur interessiert.
Am westlich ausgerichteten Fuße des Pfänders schmiegen sich große und prächtige Villen aller architektonischen Stilrichtungen an den Hang. So kann man, während man über den Wert dieser Immobilien rätselt, ihren Besitzern gleichzeitig in den Vorgarten schauen; was den Wert dieser möglicherweise gleich wieder reduziert. Aber weshalb sollte ich mir solche Gedanken machen? Ich war zum Skifahren hier.
Die Seilbahn wartet im oberen Abschnitt mit einer kleinen Besonderheit auf. Bei der letzten Stütze vor der Bergstation handelt es sich um eine Portalstütze, die man sonst nur von älteren Schleppliften kennt. Hier natürlich etwas größer dimensioniert.
Die Bergstation selbst befindet sich wenige Meter unterhalb des Gipfels. Ich stieg aus, schaute mich um, identifizierte einige Alpengipfel die man bei guter Sicht auch schon von Konstanz aus sehen konnte, machte einige Fotos und schnallte mir die Ski an die Füße.
Bei aller Liebe zum Drumherum, wollte ich dann doch endlich die ersten Schwünge in den Schnee ziehen.
Dafür musste ich/muss man, zunächst am Rande des Tierparkes herab zu den Dohleliften fahren. Der Tierpark ist auch im Winter geöffnet, was den Skifahrer als solchen aber erst einmal nicht stört. Da es aber keinen Lift zurück gibt, fragt man sich hier unweigerlich, wie man später wieder zurück zur Bergstation gelangen soll.
Es gibt zwei Möglichkeiten, von denen mir eine deutlich angenehmer erschien. Entweder man läuft das kurze Stück hoch, oder man nimmt, vorausgesetzt die Schneeverhältnisse lassen es zu, gleich die Talabfahrt bis Bregenz um sich sodann wieder mit der Seilbahn bequem zum höchsten Punkt befördern zu lassen.
Die Dohlelifte selbst, die auch den Rand des eigentlichen Skigebietes markieren, stellen für den geübten Skifahrer keine große Herausforderung dar. Sie dienen vor allem als Zubringer zum Maldonalift und zur Talabfahrt. Für Beginner sind die kurzen Dohlelifte trotzdem gerade Recht. Zudem befindet sich in unmittelbarer Nähe zu dem gedoppeltem Lift auch die Dohlehütte und die stark frequentierte Rodelmulde. Hier trifft sich zur Mittagszeit die ganze Familie. Ob Skifahrer, Rodler oder einfach nur Winterwanderer. Ein jeder muss irgendwann hier vorbei und so nutzen viele die urige Hütte für eine Pause.
Ich ließ die Hütte bei meinem Besuch zunächst trotzdem links liegen, wollte ich doch erst einmal die Piste am Maldonalift unter die Ski nehmen. Vor allem um mich zu vergewissern, dass man von hier aus tatsächlich auch den See sehen kann. Das war ja einer der wesentlichen Gründe, weshalb ich mir von dem doch eher kleine Gebiet viel versprach.
Ich wurde nicht enttäuscht. Schon nach einer kleinen Kurve um den Wald, kommt der beeindruckende Bodensee in Sichtweite.
Wie ich schon beschrieb, wähnt man sich auch hier an einem norwegischen Fjord und glaubt, hinter der nächsten Kuppe in den See springen zu können, wenn man nur genügend Anlauf nimmt. Das Erlebnis auf dieser Abfahrt ist wirklich einmalig. Aber auch wen dieser atemberaubende Anblick kalt lassen sollte, wird auf der Abfahrt am Maldonalift Freude haben. Die angenehm geneigte Piste ist interessant trassiert und ist dazu verhältnismäßig lang. Der Sektor am Maldonalift stellt damit das Kernskigebiet am Pfänder dar.
Auf halber Höhe der Abfahrt kommen schon wieder die ersten Häuser in Sichtweite. Dabei handelt es sich aber mitnichten um Bregenz, sondern um eine eigene kleine Siedlung direkt am Berg. Wo man von der großen Seilbahn aus nur in die Vorgärten der Hausbesitzer schauen kann, fährt man am Maldonalift direkt quer durch eben diese. Auch eine Erfahrung die ich in dieser Art noch nicht all zu häufig machen durfte. Dementsprechend gemütlich und privat ist auch das Flair dieser Ecke. Den Trubel und die Hektik der großen Skigebiete wird man hier nicht finden.
Der Talstation des Maldonaliftes, die sich unauffällig an das untere Ende der Siedlung anschließt, sieht man an, dass sie in der Vergangenheit noch einer anderen Konstruktion Obdach gegeben haben muss. Zumindest in den Sommermonaten drehte hier auch ein Sessellift seine Runden. Nun wird der Lift nur noch im Winter als Schlepplift genutzt.
Durch ein längeres Waldstück wird man wieder nach oben gezogen. Von dort nahm ich dann die Talabfahrt in Angriff. Diese wird je nach Schneesituation präpariert, oder als Route ausgesteckt. Da bei meinem Besuch genug Schnee lag, war sie präpariert.
Der oberste Abschnitt der Abfahrt hat dabei allerdings eher noch einen Fortswegcharakter und es geht sanft dahin, ehe die Piste einen Linksknick macht und über einige interessante Hänge und Schneisen geradewegs auf Bregenz und den Bodensee zuläuft. Da sich sowohl Skifahrer, als auch Rodler die Piste teilen, ist Vorsicht geboten, will man keinen Zusammenstoß riskieren.
Erwähnte ich eingangs, dass den wenigsten Autofahrern bewusst sein dürfte, dass sich über ihren Köpfen ein kleiner Skizirkus abspielt, gilt dies wohl auch umgekehrt. Von der atemberaubenden Aussicht auf das schwäbische Meer abgelenkt, wird man erst wieder auf dem unteren Abschnitt der Talabfahrt darüber gewahr, dass sich ein paar hundert Meter tiefer, LKW-Fahrer Stoßstange an Stoßstange durch den Pfändertunnel schieben und ungeduldige Kinder gegen die Rücksitze ihrer Eltern treten. So steht am Pistenrand ein Bauwerk, dass eigentlich nicht so in die Bergwelt passen will. Es handelt sich dabei aber um einen Lüftungsschacht des über sechs Kilometer langen Tunnels.
Bleibt noch die Frage: Wie sieht es mit der Schneesicherheit aus? Die Höhenlage zwischen 400 und 1000 Meter verspricht, gerade in Zeiten den Klimawandels, natürlich keine langfristig planbaren Verhältnisse. Auch über Schneekanonen verfügt man am Pfänder nicht. Hinzu kommt die Lage direkt am Bodensee. Hier ist es meist ein bis zwei Grad wärmer als in den umliegenden Regionen gleicher Höhenlage.
Dieser vermeintliche Lagenachteil schlägt bei einigen Wetterlagen jedoch in einen veritablen Vorteil um. Für Niederschläge aus nordwestlicher Richtung stellt der Pfänder das erste wirkliche Hindernis dar, was dazu führt, dass bei entsprechend kalten Temperaturen auch viel Schnee am Pfänder abgeladen wird. Bei solchen Wetterlagen können sich die gemessenen Schneemengen der Ortschaften am Bodensee erheblich voneinander unterscheiden. Wenn in Konstanz oder Friedrichshafen am nordwestlichen Bodenseeufer 10 Zentimeter Schnee gefallen sind, kann sich Bregenz direkt am Fuße des Pfänders schon mal über satte 40 Zentimeter freuen. Direkt am Berg dann dementsprechend mehr.
Spätestens seit Jörg Kachelmann wissen wir auch, dass der sogenannte „Lake-Effekt“ dazu führen kann, dass sich aufsteigendes warmes Wasser des Bodensees am Pfänder als Schnee niederschlägt, wenn rundherum von Niederschlägen eigentlich keine Spur ist. Dass dieser Effekt an den Great Lakes in Nordamerika etwas beeindruckender ausfallen mag, sei einmal dahingestellt.
Langfristige Planungen eines Skitages am Pfänder sollte man also vermeiden, wenn man nicht auf eine, zweifelsohne schöne, Wanderpartie beschränkt sein möchte. Jedoch lohnt es sich mitunter umso mehr, immer einen Blick auf die aktuellen Verhältnisse zu behalten um diese dann kurzfristig für sich nutzen zu können.
Gerade Urlauber die sich auf dem Weg in die großen Skigebiete befinden und ohnehin am Pfänder vorbei kommen, könnten bei einem Abstecher zum Pfänder mit einem schönen Skierlebnis belohnt werden.